Fließgewässer zählen in Bayern zu den für die Biodiversität besonders wichtigen, gleichzeitig aber vom Klimawandel besonders betroffenen Ökosystemen. Im Verbundprojekt AquaKlif werden die Auswirkung klimatischer Einflussfaktoren – Temperatur, niederschlagsbedingter Feinsedimenteintrag, schwankende Abflussmengen – auf die Gewässerökologie und Wasserqualität untersucht und Lösungsansätze für Managementfragen entwickelt.
Das Projekt legt dabei den Fokus auf den Oberlauf von Fließgewässersystemen und untersucht dort die Wirkung der Klimaeinflüsse auf die hyporheische Zone, den hochaktiven Reaktionsraum im Übergang zwischen Gewässer und Umgebung. Dazu werden verschiedene typische Untersuchungsorte in den nichtalpinen Regionen Bayerns ausgewählt.
Die insgesamt sieben Teilprojekte sind durch übergreifende Themen miteinander vernetzt. In der Forschungsphase 2018-2021 stehen folgende Querschnittsthemen im Fokus:
Für das AquaKlif- Projekt markiert das Jahr 2021 den Übergang von der Forschungs- in die Umsetzungsphase. Hierzu ein kurzer Rückblick auf das bisher Geleistete in den einzelnen Teilprojekten (TPs), sowie eine Reihe von Fotos aus verschiedenen Messkampagnen.
Das interdisziplinäre Fließrinnenexperiment in Freising – Kernstück für das mechanistische Verständnis verschiedener Stressoren – gestaltete sich aufwändig in Planung und Umsetzung. Seit Sommer 2020 wird hier kontrolliert und über realitätsnahe Zeiträume hinweg der Einfluss einzelner sowie kombinierter Stressoren analysiert. Ziel ist es zu verstehen, was erhöhte Temperaturen, Feinsedimenteintrag und geringere Fließgeschwindigkeiten für die Besiedelung durch Organismen und die Ei-Entwicklung von Fischen bedeuten, und wie sich dadurch biogeochemische Parameter verändern (TP1, TP2 und TP3).
Seit Beginn des Projekts werden an drei ausgewählten Messtandorten an Bächen in zig gemeinsamen Messkampagnen Daten zu Gewässerökologie und -chemie, zu stabilen Isotopen sowie zum Grundwassereinfluss gesammelt. Die Ergebnisse aus dem Freiland sollen das Übertragen der Erkenntnisse aus den Fließrinnen auf größere Skalen unterstützen. Die Perlmuschelbäche bei Hof, die Moosach im kalkreichen Moränengebiet und die Wiesent im Karst der Fränkischen Schweiz repräsentieren hierbei relvante Fließgewässertypen im nichtalpinen Teil Bayerns. Es zeichnet sich ab, dass die Kombination aus Niedrigwasser und höherer Temperatur Verockerungsprozessen Vorschub leisten kann, mit negativen Konsequenzen für die Gewässerökologie (TP1, TP2 und TP3).
Fortgeführt wurden die über 30 Jahre hinweg aufgenommen Daten zu Pflanzengesellschaften und Wasserchemie von gut 100 Waldquellen in Frankenwald und Fichtelgebirge. Viele Quellen waren am Ende der trockenen Sommer 2018 und 2019 versiegt. Es zeigen sich über die Jahrzehnte klare Trends bei einzelnen Schlüsselarten und in der Artenvielfalt (TP4).
Spannend war die Arbeit mit regionalisierten Klimaszenarien, die vom Landesamt für Umwelt zur Verfügung gestellt wurden und es ermöglichten, die Auswirkungen auf Ebene einzelner Einzugsgebiete durchzurechnen. Die Neukartierung der Moorflächen am Lehstenbach zeigte die vorangeschrittene Degradierung des Habitats und ermöglicht im nächsten Schritt eine exaktere Modellierung und Abschätzung des tatsächlichen Abflussrückhalts (TP5).
Mithilfe des Soil and Water Assessment Tool SWAT und der Klimaszenarien wird aufbauend auf Flächendaten zu Topographie, Böden und aktueller Landnutzung das Potential von landwirtschaftlichen Anbaumethoden für Ökosystemleistungen – speziell Erosionsregulation, Nährstoffrückhalt und Wasserversorgung – abgeschätzt. Diese Modellierungsarbeit ist für das Einzugsgebiet der Schwesnitz in vollem Gange (TP6).
Schon in der Forschungphase waren mit Norbert Bäuml (Praxisplattform boden:ständig) und dem renommierten Gewässerökologen Klement Tockner spannende Gäste eingeladen. Bayklif-Forschungsthemen präsentierten sich auf der Geoökologie-Jahrestagung 2019. Manche Outreach-Aktivitäten wurden pandemiebedingt verschoben oder umgeplant: so treten thematische Podiumsdiskussionen mit Livestream („Wasserkontroversen“) an die Stelle des großen Workshops zum Erfahrungsaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Ein Podcast zur Moorrenaturierung und weitere digitale Formate zur Umweltbildung sind geplant (Koordination: TP7).
Aktuell werden Mess- und Modellierungsergebnisse ausgewertet, Veröffentlichungen vorbereitet und in den später gestarteten Teilprojekten weitere Daten erhoben. Mittlerweile ist das AquaKlif-Team mit Verstärkung aus Südafrika, Indien und Peru international aufgestellt.
Schon heute leiden viele Tiere darunter, dass ihr Lebensraum zwischen den Kieseln am Bachgrund vielerorts verengt und verstopft wird – durch feine Bodenpartikel, die unter anderem von umliegenden Feldern eingeschwemmt und durch eine fehlende Gewässerdynamik nicht abtransportiert werden. Durch zusätzlichen „klimabedingten Stress“, z.B. höhere Temperaturen und Trockenzeiten mit geringen Wassermengen, aber auch durch Sturzregen, die zusätzliche Erosion bedingen, können diese Effekte noch verstärkt werden.
Die Wissenschaftler untersuchen in diesem Teilprojekt in Rinnenversuchen und an Bächen, wie sich die zu erwartende doppelte Belastung auf die Gewässertiere auswirkt. Daraus wollen sie ableiten, welche Maßnahmen bei der Restaurierung von Bächen zukünftig am meisten Hilfe versprechen.
Entscheidend für den angestrebten „guten Zustand“ eines Gewässers ist der gelöste Sauerstoff im Wasser. In diesem Teilprojekt werden klimabedingte Verschiebungen von Stoffumsätzen insbesondere des Sauerstoffs in Bächen untersucht und daraus folgende ökologische Auswirkungen charakterisiert. Daraus sollen Empfehlungen abgeleitet werden, damit bei Maßnahmen zum Gewässerschutz auch „die Chemie stimmt“.
Hierbei bietet eine neue Messmethode der „stabilen Isotope“ des Sauerstoffs eine spannende Gelegenheit: Sie erlaubt es die Pfade des gelösten Sauerstoffs im Bach, Bachgrund und im Grundwasser zu bestimmen. Das hilft folgende Fragen zu beantworten:
Stabile Isotope lassen sich auch für andere Elemente wie Kohlenstoff erfassen, um das Gesamtgefüge der zusammenhängenden Kohlenstoff- und Sauerstoffzyklen in den verschiedenen Wasserkompartimenten (Porenwässer, Grundwässer, freies Wasser) besser zu verstehen. Die Arbeitsgruppe Angewandte Geologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg stellt dem Projekt eines der wenigen Labore weltweit zur Verfügung, das die neue Methode für Isotopenmessungen bei gelöstem Sauerstoff und anderen Elementen anwendet.
Mit dem Klimawandel öfter zu erwarten sind andauernde Phasen ohne Regen, die zu Niedrigwasser in den Bächen führen und in den letzten Jahren in Bayern im Hoch- und Spätsommer immer wieder aufgetreten sind. In solchen Perioden steigt die Gefahr, dass stellenweise wenig oder kein Sauerstoff mehr in der Zone zwischen Bach- und Grundwasser vorhanden ist. Dies setzt eine ganze Reihe chemischer Reaktionen in Gang, gut zu erkennen durch „Verockerung“ beim Ausfällen von rotbraunen Eisenhydroxiden.
Wann und wo kommt es zu solchen sauerstofffreien Zonen? Welchen Einfluss haben erhöhte Temperaturen, niedrige Abflussmengen sowie der Sedimenteintrag auf ihre Entwicklung? Die Ergebnisse dieses Teilprojekts sind wichtig, um die zukünftige Selbstreinigungskraft der Gewässer einzuschätzen.
Seit mehr als 25 Jahren untersucht der Lehrstuhl für Biogeografie der Universität Bayreuth das Wasser von Quellgebieten in oberfränkischen Wäldern, sowie die rund um diese Sumpfquellen wachsenden charakteristischen Pflanzengemeinschaften. Von der Wasserchemie des Quellwassers – sowie über bestimmte „Indikator“-Pflanzenarten – kann auf ökologische Prozesse im Einzugsgebiet zurückgeschlossen werden. Ziel des Teilprojekts ist es zu ermitteln, ob und wie die Temperatur der Quellen und die dort wachsenden Indikatorarten zusammenhängen, und wie sich Regen- und Quellwassermenge auf die Wassertemperatur auswirken. Weitere Quellstandorte in Steinwald, Oberpfälzer Wald und Bayerischem Wald werden in die Beschreibung der klimatischen Bedingungen bayerischer Waldlandschaften einbezogen.
Die Durchschnittstemperatur der Erde steigt schon seit längerer Zeit, die daraus resultierenden Veränderungen in unseren Ökosystemen verstehen wir erst nach und nach. Es ist belegt, dass sich mit dem Klima auch die Wasserchemie der Bäche verändert.
In diesem Teilprojekt werden die seit Jahrzehnten gesammelten Daten des integrierten hydrologischen Monitoring-Programms sowie das Quellenarchiv an der Universität Bayreuth statistisch durchleuchtet: Gibt es eindeutige Trends und Muster in den Zeitreihen, die sich auf lokal-klimatische Veränderungen in den Einzugsgebieten zurückführen lassen? Lassen sich ursächliche Zusammenhänge nachweisen? Und lassen sich daraus – in Abhängigkeit der lokalen Klimaszenarien des LfU Bayerns – Prognosen für die zukünftige Entwicklung wasserchemischer Parameter erstellen?
Der nach Starkregen in Bayerns Bäche eingeschwemmte Boden verstopft nicht nur den kiesigen Lebensraum vieler Bachtiere, er bringt auch große Mengen an Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor mit, die Wiesen und Ackerböden düngen sollten. Statt dessen fördern diese Nährstoffe nun das Wachstum von Algen und Wasserpflanzen im Bach – Verkrautung und Sauerstoffmangel am Gewässergrund sind die Folgen.
Mit dem Klimawandel verschärft sich das Problem in zweierlei Hinsicht: zum einen werden die auf Felder und Wiesen ausgebrachten Nährstoffe in trockenen Phasen von den Pflanzen schlechter aufgenommen, zum anderen ist häufiger mit extremen Regenfällen zu rechnen, die gedüngten Boden ausschwemmen.
Was kann getan werden, um sowohl die Erträge in der Landwirtschaft in Zukunft möglichst stabil zu halten, als auch die Nährstoffbelastung der Gewässer zu reduzieren? In diesem Teilprojekt wird anhand Klimaprognosen für Bayern untersucht, wie sich alternative landwirtschaftliche Produktionsmaßnahmen auf Ernteerträge und Nährstoff-frachten in ausgewählten Flusseinzugsgebieten auswirken.
Das Teilprojekt zielt darauf ab, die Ergebnisse aus der Forschungsphase von AQUAKLIF auf zwei Ebenen aufzubereiten und umzusetzen:
Umsetzung in die Praxis – Ableitung von Handlungsoptionen
Umsetzung in der Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit