Interview mit Prof. Josef Settele: „Artenschutz hilft dem Klima“

Zum Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt am 22. Mai äußert sich Prof. Josef Settele im Nachrichtenradio von MDR AKTUELL nicht nur zur Biodiversitätskrise, sondern benennt die Kombination von Artenschwund, Klimawandel und Pandemie als Dreifach-Krise und erklärt, wie die drei Krisen elementar zusammenhängen und sich gegenseitig befeuern:

Zwischen Klimaschutz und Biodiversität gibt es sehr viele Abhängigkeiten. Wenn sich das Klima ändert, müssen sich auch die Arten anpassen. Andererseits kann sich der Schutz der Biodiversität auch günstig auch das Klima auswirken, z.B. durch die Anlage von Feuchtgebieten oder die Wiedervernässung von Mooren, die oft auch Lebensräume für gefährdete Arten sind. Wenn bespielsweise Moore aus Artenschutz-Gründen wiedervernässt werden oder die Artenvielfalt in Waldökosystemen mit vielen verschiedenen Baumarten gefördert wird, wird gleichzeitig Klimaschutz betrieben. Oder wenn artenreiches Grünland wegen einer bestimmten Schmetterlingsart nicht in Ackerland umgewandelt wird, bleibt das im Grünland-Boden gespeicherte CO2 erhalten und wird nicht freigesetzt.

Auch bei der Energiewende können Kompromisse eingegangen und Lösungen für den Artenschutz gefunden werden, z.B. durch Windkraftanlagen in Gegenden mit nur wenigen Rotmilanen oder durch geeignete Abschaltmechanismen. In großen Solarparks kann durch ein entsprechendes Grünland-Management ein Beitrag zum Artenschutz geleistet werden. Biomasse-Anbau für die Biogas-Gewinnung ist eher kritisch zu sehen, sowohl aufgrund der energetischen Ausbeute als auch aufgrund des erforderlichen Inputs. Ebenso Biogas-Gewinnung aus Gülle, da hierbei eine weniger erwünschte Landnutzung unterstützt wird.

Welcher Zusammenhang besteht zur Coronakrise? Der Rückgang der Artenvielfalt führt zur Dominanz einzelner Arten. Durch die Abholzung tropischer Regenwälder entstehen bespielsweise Lebensbedingungen, mit denen nur wenige Tierarten zurechtkommen, die aber dann in hoher Dichte vorkommen. In diesen Tierbeständen können sich dann bestimmte Bakterien oder Viren besonders gut vermehren und möglicherweise auf Menschen übergreifen, die diese Gebiete neu erschließen.

Interview der Woche von MDR AKTUELL: Artenschutz hilft dem Klima